Kleingeldaffäre

  • Nach dem gleichnamigen Roman von Elfriede Hammerl
  • Theater Drachengasse
  • 17. März – 12. April 2014
    Di-Sa um 20 Uhr

Österreichische Erstaufführung
Eigenproduktion Theater Drachengasse

Ich habe nämlich einen Beruf, auch wenn es so aussieht, als sei G. mein Beruf.

Eine beruflich erfolgreiche und attraktive Frau, nicht weit vom Pensionsalter, hat einen Liebhaber. G. gibt ihr Geld und bietet ihr dennoch nichts, was sie sich nicht auch selbst leisten könnte. Außer der Illusion von Luxus und Sorglosigkeit. Und der Illusion von Liebe. Denn das Geld stammt von seiner Frau, sein Leben findet zu zweit im ehelichen Nest statt.

Aber er hätte sich doch auch eine Jüngere suchen können. Also doch Liebe? Oder ist sie als Frau jenseits vom Familiengründungsalter und abseits anderer Optionen einfach nur die praktischere/bequemere Wahl?

Mit der Zeit wird es schwieriger für sie, an G. und an Aufträge heranzukommen. Der Liebhaber laboriert an den Folgen eines Herzinfarkts und ihre Auftraggeber kommen nun aus einer Generation, der sie nicht mehr angehört. Vielleicht wird eines Tages nicht mehr G. das Epizentrum ihres Lebens sein, sondern der Wert ihrer Arbeit, die Noten und Banknoten, die der Markt ihr zuteilt.

 

Bühnenfassung, Regie: Karin Koller
Bühne, Kostüm: Gudrun Lenk-Wane
Regieassistenz: Christine Franz

Mit: Doina Weber

Rechte bei Thomas Sessler Verlag Wien



 "Kleingeldaffäre" Hörprobe mp3

Glückskekszerschlagung nach Zweisamkeitsbilanz

Best-Ager-Theater: In Elfriede Hammerls "Kleingeldaffäre" legt eine Frau jenseits der 50 hemmungslos Bekenntnisse ab

Wien - Wer zu lange auf der Toilette bleibt, den bestraft das Leben: In der Bühnenfassung von Elfriede Hammerls Kurzroman Kleingeldaffäre sperrt Regisseurin Karin Koller die namenlose Protagonistin in ein Sushilokal in Bozen. Die Betreiber haben scheinbar auf ihren letzten Gast vergessen und dichtgemacht. Kein Licht, kein Akku mehr.

Mit dieser misslichen Lage findet sich die Dame auf der Durchreise überraschend schnell ab und beginnt völlig unvermittelt zu erzählen. Ein Redeschwall bricht los, ein Monolog über die existenzielle Krise einer Frau jenseits der 50, die die Sinnhaftigkeit ihrer langjährigen Affäre mit einem verheirateten Mann abwägt. Die Glücksbilanz ist vage.

An wen sie vor und auf dem um die Säule gewickelten Running-Sushi-Tisch ihre Rede richtet (Bühne: Gudrun Lenk-Wane), ist unklar. Vermutlich an sich selbst, auch wenn Schauspielerin Doina Weber herzhaft extrovertiert, bisweilen sportlich das Publikum anagitiert.

Sie zerschlägt Glückskekse, tanzt infernalisch und bläst dem herabgelassenen Luster die imaginierten Geburtstagskerzen aus - dies in Erinnerung an ein schäbiges Rendezvous mit G. G - das ist der namenlos bleibende Lover, er könnte Günter, Gustav oder Gregor heißen, und ähnlich unklar ist auch der Wert dieser ungleichen Liebe. Die Frau rekapituliert Szenen ihrer geheimen Liaison, sie spürt manisch den Momenten des Verrats und der heraufdämmernden Entzweiung nach.

Würde diese lustige Dame keine Lesebrille benötigen, so könnte Kleingeldaffäre auch ein aufgekratztes Teenager-Drama über die erste Liebe sein. Das Stück breitet normative Beziehungsprobleme aus und lässt die Hauptfigur schließlich weniger interessant erscheinen als sie vermutlich ist.

Eine gewisse kabarettistische Note (Pointen) sorgt für gemäßigte Unterhaltung. So könnte Sex & the City heute am Off-Broadway ausschauen: Mr. Right ist nicht zu fassen.

DER STANDARD, 19.3.2014


Witziger und sarkastischer Frauenmonolog Elfriede Hammerls „Kleingeldaffäre“

WIEN. Nach der Uraufführung der Dramatisierung von Elfriede Hammerls Roman „Kleingeldaffäre“ (Deuticke, 2011) ziemlich genau vor einem Jahr im Turmtheater Regensburg ging nun die österreichische Erstaufführung erfolgreich in der Wiener Drachengasse über die Bühne. Die Vorhofer-Preisträgerin Hammerl, Kolumnistin, Romanautorin und Dramatikerin schaut recht genau und analytisch auf gesellschaftliche Entwicklungen und Zustände. In dem Einpersonenstück geht es
um eine Frau (Doina Weber), über fünfzig, die mit beiden Beinen fest im Leben steht. Sie vermeint ein unabhängiges Leben zu führen, mit beruflichen und privaten Erfolgen. Seit Jahren ist sie die Geliebte eines reich verheirateten Mannes, der jüngst einen Herzinfarkt als gesundheitlichen Warnschuss verstand. Unter der Regie von Karin Koller präsentiert Weber eine selbstbewusste Persönlichkeit, der sarkastische Anwandlungen nicht fremd sind, die über Witz verfügt und mit zunehmenden Alter merkt, dass das einst sichere Terrain nun ziemlich brüchig wird. Eine starke Performance.

KLEINE ZEITUNG, 19.3.2014

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