Wasser

Kateřina Černá über WASSER

Ich bringe meine Figuren gerne in ausweglose Situationen. Oder vielmehr zeigen sie sich mir in diesen. Ja, das stimmt eher. Und dann versuche ich ihnen Worte in den Mund zu legen, die ihnen dabei helfen, ihre Situation zu verändern. Oder sie sagen sie selbst, diese Dinge, und ich schreibe sie nur auf.

Leider ändert das Gesagte nichts an der Situation der Figuren. Oder doch. Oder doch nicht  und das macht dann auch nichts.

Das alles ist sehr symptomatisch für WASSER: Die Figuren, der Text schlüpfen mir zwischen den Fingern hindurch. Entziehen sich von Anfang an einer Festlegung.

Ich hatte nie geplant, die Figuren als Mensch 1 und Mensch 2 unentschiedenen Geschlechts und unentschiedenen Alters zu belassen. Das haben sie selbst gemacht.

Und was passiert dann? Wurde ich beim „Festival junger Gegenwartsdramatik“ in Leipzig gefragt, nachdem ein Ausschnitt aus WASSER gelesen worden war. Wie geht das Stück weiter? Genau so, habe ich geantwortet und bin mir eigentümlich vorgekommen. Eigentümlich – dumm, vielleicht. Und das ist auch symptomatisch für den Text.

Ich weiß nie, ob ich es mit Dummheit oder Genie zu tun habe. Ist der Text genial oder dumm? Und seine Figuren. Zwischen Genie und Dummheit liegt vermutlich ein schmaler Grat.

Und wahrscheinlich ist diese Frage auch ganz falsch gestellt.

Mir ging es darum, zwei Menschen zu zeigen, die sich in einer ganz neuen Situation befinden. In einer Situation, die alles außer Kraft setzt, was bis dahin selbstverständlich war. In dieser Situation versuchen sie dann, sich zurecht zu finden. Greifen auf Altes, Altbewährtes zurück – und scheitern, müssen scheitern. Oder scheitern auch nicht. Je nachdem, wie man das sehen mag.

Kindern geht es so ähnlich, dachte ich. Aber auch alten, vergesslichen Menschen – sagt Regisseurin Karin Koller und hat damit Recht.

Zu Beginn des Schreibens habe ich also nur die Figuren in ihrer Situation gesehen: Eine Steinwüste, eine Waschmaschine – und die beiden. Am Ende des Textes war nicht viel mehr da. Gar nichts mehr, eigentlich. Oder vielleicht doch um Einiges mehr.

Die ganze Zeit über bin ich meinen Figuren eher hinterhergehoppelt. Habe ein Konzept nach dem anderen verworfen. Weil die beiden ohnehin machten, was sie wollten. Ohne mich. Ohne mich zu fragen. Ohne gefragt zu werden.

Kürzlich bin ich wieder zum Text zurückgekehrt. Ein paar Stellen wollte ich überarbeiten. Augenblicklich haben die beiden, Mensch 1 und Mensch 2, wieder mit mir zu sprechen begonnen. In mir. Miteinander. Zu keppeln begonnen.

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