Final Girls

  • Bar&Co
  • 6. – 18. Mai 2013, Di-Sa um 20 Uhr


Die Gruppe Flaneurs gewann den Publikumspreis und den Jurypreis des Nachwuchs-Theater-Wettbewerbs 2010.





Ihr glanzvollen verschuldeten Loser da draußen denkt die Krise ist vorbei?

Nein, sie fängt gerade erst an!



Final Girls: Ein Diskurs-Turbo für drei Spielerinnen!

Raffiniert, assoziativ, kämpferisch und hochverschuldet und unterbezahlt.



Das ist die Geschichte eines Unternehmens.

Eines Unternehmens, das von neoliberalen Machtverhältnissen nach innen verlagert worden ist. In uns hinein verlagert worden ist.

Um den Wohlfahrtsstaat loszuwerden.

Um verheerende Arbeitsverhältnisse mit Flexibilität zu verschleiern.

Um am Ende die Schuld und Schulden bei den Schuldnern zu suchen.

Die hyperprivatisierte Geschichte des heutigen Lebens.



Schatz? Ja! Ich würde gerne ein paar emotionale Schulden bei dir machen.

Gerne, die Zinsen kannst du dir niemals leisten!

Die werden dich ins Verderben stürzen!

Wunderbar! Nichts anderes habe ich von dir erwartet!






Text, Regie: Dominic Oley

Ausstattung: Elisabeth Vogetseder

Es spielen: Alexandra Gottschlich, Julia Schranz, Carola Pojer



Eine Koproduktion von Flaneurs und Theater Drachengasse


Totale Verschmelzung ohne Halt

Getrieben von Leistungsdruck, Erfolgsdruck und Verzweiflung versuchen drei junge Frauen, das optimale Parfüm zu kreieren. Sie sind hektisch, chaotisch, reif für den Psychiater. Sie schlagen um sich und finden sich in dieser auf Perfektion getrimmten Welt nicht zurecht. "Final Girls" nennt sich diese Koproduktion der Freien Gruppe Flaneurs und dem Theater Drachengasse, die zurzeit im Raum Bar&Co präsentiert wird. Man glaubt eine Zukunftshorrorvision zu sehen, doch das Ganze ist im Heute und Jetzt angesiedelt. In einem Heute, wo Realität und Fiktion total miteinander verschmelzen, und wo es nichts mehr gibt, woran man sich noch halten kann.

Hilfeschreie in der künstlichen Mache


Geführt von Dominic Oley (Text und Regie) stellen Alexandra Gottschlich, Julia Schranz und Carola Pojer Wesen auf die Bühne, die wie Kunstgeschöpfe agieren. Es gibt keinen echten Ton, keine natürliche Bewegung, es ist alles Mache. Doch hinter dieser Mache stecken Menschen, die um Hilfe schreien. Dem eminenten schauspielerischen Können der drei ist es zu verdanken, dass der Wahnsinn in solch einer - vielleicht sogar unserer - Gesellschaft voll sichtbar wird.

Die Duftnote aller Duftnoten ist schließlich gefunden, man könnte aufatmen. Doch der Sieg hilft nicht mehr, denn er ist gleichzeitig auch der unaufhaltsame Anfang vom Ende: Die "Lemminge" taumeln dem Abgrund entgegen.

WIENER ZEITUNG, 14. Mai 2013


GOTT sei DANK sind wir reich!

 
Die “Final Girls” bieten einen wunderbaren Theaterabend in der Drachengasse.
Wien hat ganz abseits von seinen großen Bühnen eine virile Schauspielszene, in welcher nicht nur große Autorentalente zu Wort kommen, sondern auch NachwuchsschauspielerInnen auftreten, die eine erstaunliche Qualität auf die kleinen Bühnen bringen.
 
Das alteingesessene Theater Drachengasse ist einer dieser Orte, an dem man immer wieder exquisite Überraschungen dieser Art erleben kann. Leider nur noch bis 18. Mai ist die Produktion „Final Girls“ von Dominic Oley, der auch die Regie führt, zu sehen. Das 3-Personen-Stück, oder besser sein Stück für drei Frauen – Alexandra Gottschlich, Julia Schranz und Carola Pojer – kann als ein Parforceritt entlang eines messerscharf-analytischen, zugleich aber extrem witzigen Textes bezeichnet werden, der den Schauspielerinnen alles abverlangt.
 
In nur einer Stunde jagt der junge Autor das Publikum wie in einer Geisterbahn durch eine Konsum- und Kapitalismuskritik, der er keine Gegenstrategie entgegensetzt, sondern ihr auch noch jene gedankenbeschwichtigenden Illusionen nimmt, die allenfalls das eigene Gewissen, nicht aber den Turbokapitalismus selbst beschwichtigen können.
 
Ausgangspunkt sind drei gelangweilte Schwestern, Töchter einer steinreichen Familie, die mit ihrem Wohlstand so in Langeweile versinken, dass sie ein 4-monatiges Projekt in Angriff nehmen, bei welchem ihnen die eigene Vergangenheit aus dem Gedächtnis getilgt wird. Statt des Müßigganges in Monte Carlo müssen sie sich in ihren eigenen Jobenttäuschungen bewähren. Da können sie sich noch so oft einreden, ihre Prosperität in der eigenen Hand zu haben – der gesättigte Markt und die rundherum bereits besetzten Posten lassen ihnen keinen Freiraum fürs wirtschaftliche Überleben.
 
Gottschlich, Schranz und Pojer feuern eine Textsalve nach der anderen ab, laufen in ihrem komödiantischen Talent zur Höchstform auf und pusten ihren je drei unterschiedlichen Charakteren so viel pralles Leben ein, dass eine große Portion davon noch über den Bühnenrand ins Publikum schwappt.
 
Ob als erfolglose Jungunternehmerinnen, die jetzt im „Blair-Witch-Schröder-Project“ (herrlich dieses Wortspiel mit dem Querverweis auf den Horrorfilm der späten 90er Jahre) die Suppe der freien Marktwirtschaft auslöffeln müssen, oder als ihre idealen Projektionen als malende Witwe eines Millionärs, gut verdienende lesbische Fernseh-Komissarin, oder das Ökosystem rettende Blauwalgynäkologin, die jungen Frauen spielen sich nicht nur ununterbrochen textlich, sondern auch schauspielerisch virtuos die Bälle zu.
 
Sie überzeugen vor allem auch mit ihrer uneitlen Bühnenpräsenz, die ihnen auf alle Fälle eine bessere Zukunft prognostizieren lässt, als dies in ihren Rollen festgelegt ist. „Die Wirklichkeit ist ein großer Erfüllungzwangsapparat“, „Ein französisches Baby kommt mit 20.000 € Schulden auf die Welt“ oder „Der perfekte Mann ist ein gut riechendes Kissen“ – Sprüche wie diese sind das Salz in der Suppe dieses Abends, der so rasch verfliegt, dass das Ende beinahe unerwartet kommt.
 
Für rasch Entschlossene noch eine Empfehlung für einen kurzweiligen, prallen Theaterabend.
 
EUROPEAN CULTURAL NEWS, 16.5.2013

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