Spektakel Total!

  • YZMA
  • YZMA und Theater Drachengasse
  • Bar&Co
  • 26. September – 8. Oktober 2016
    Di-Sa um 20 Uhr



















Eine Gruppe Revoluzzer in der sibirischen Verbannung. Humanistisch gebildet und liberal erzogen, hatten sie die geistige Elite verkörpert und gegen das herrschende System aufbegehrt. Doch der Aufstand war gescheitert. Die Solidarität mit den Revoluzzern blieb aus, die Straße leer. Mit der Elite zieht man nicht in den Kampf, so gut die Ideen auch sein mögen. Was wissen die schon, Hautvolee. Etepetete-Revoluzzer haben keine street credibility.

Stell dir vor, es ist Revolution und keiner geht hin.

So hatten die Machthaber ungestört sämtliche Aufständische nach Sibirien verschifft. Dort, isoliert vom Weltgeschehen, hatten die gebildeten Revoluzzer begonnen, den wilden sibirischen Nomaden Französisch beizubringen. Und Fahrradfahren. Und Theatergeschichte. Elche wurden domestiziert, Tipis konstruiert, Tequila gebrannt, kurz: eine Kulturlandschaft errichtet.

Doch die alten Ideen waren über die neue Idylle nicht vergessen worden. Langsam aber sicher beginnen die Revoluzzer ihre eigenen Weltbilder zu hinterfragen und dabei über sich selbst hinauszuwachsen. Wenn die verhasste Ordnung nicht gegen die eigene eingetauscht werden kann, sollte man nicht beginnen Chaos zu stiften?

Die Revolution ist tot! Es lebe das Spektakel!

In Spektakel Total! fragt das Theaterkollektiv YZMA nach alternativen Widerstandsformen in einem Europa des Rechtsrucks. Wie ist in einer gespaltenen Gesellschaft noch Solidarität möglich?


Nach Morsch und Abendsand ist Spektakel Total! die dritte Arbeit der Publikumspreis-GewinnerInnen des Nachwuchswettbewerbs 2014 im Theater Drachengasse.
 

Regie: Milena Michalek
Dramaturgie, Produktion: Karl Börner
Bühne, Kostüm: Johannes Weckl
Es spielen: Florian Haslinger, Bastian Parpan, Johanna Wolff


Wir danken für die Unterstützung:
Bezirksvorstehung Innere Stadt, Stadtteilkultur Innere Stadt, ÖH Bundesvertretung, ÖH Uni Wien, Strv Musikwissenschaft, IG Philosophie, Motto Wien

yzma.org/

Der Beitrag auf Radio Attac ist hier zum Nachhören (ab 23:10):

Spektakel Total bei Radio Attac


Aber wir raufen doch rücksichtsvoll!

An Heiner Müllers Revolutionsstück "Der Auftrag" hangelt sich das Ensemble des Theaterkollektivs YZMA in seiner neuesten Produkion entlang, liest immer wieder erwartungsvoll dort nach. "Spektakel Total!" lautet der verzweifelte Kampfschrei mangels Revolutionierender in der sibirischen Wüste, wo die wohlmeinenden Linken ausgesetzt wurden. Unter der Leitung von Milena Michalek und Karl Börner bieten Johanna Wolff, Florian Haslinger und (neu im Ensemble) Bastian Parpan wieder einmal hochtourige Hirnwichskomik der Meisterklasse. Werkzeug zum Erfolg sind diesmal riesige rote Fast-Fäuste, Sätze wie "Aber wir raufen doch rücksichtsvoll", ein ohrwurmiges Neuarrangement der Internationale und obergscheite Diskussionen auf dem Logiklevel, das keine Präsidentschaftkandidatendebatte je erreichen wird.

FALTER 40/16


Gewürzgurken der Revolution

Mit viel Charme und Witz untersucht das Theaterkollektiv YZMA in seiner vierten Produktion „Spektakel Total!“ die aktuelle, politische Situation Europas. Die Gruppe rund um Regisseurin Milena Michalek rollt altbekannte Fragen einer scheinbar vergessenen Revolution auf und verleiht ihnen neue Denkanstöße. Dem Publikum im Theater in der Drachengasse war dies bei der Premiere am Montag, 26.09.2016 minutenlangen Applaus wert.

Nach einer gescheiterten Revolution stranden drei Revoluzzer in der sibirischen Einöde, sie philosophieren über Heiner Müller, fragen sich nach der Rolle des Individuums in der heutigen Gesellschaft und suchen nach Widerstandsformen in einem Europa, das nach rechts zu rutschen droht. Antworten gibt die vierte Produktion des Kollektiv „Spektakel Total!“ zwar kaum, Spaß macht der Abend aber allemal. Sei es mit einer Gesangseinlage des Darstellers Bastian Parpan oder der Absurdität von riesigen, roten Revoluzzer-Handschuhen. Überhaupt scheint YZMA Gesang wichtig zu sein, sodass immer wieder gesungen wird.

Das einfachgehaltene Bühnenbild (Johannes Weckl) kommt mit zwei Holzverschlägen auf beiden Seiten der Bühne aus. Hinter der linken Hütte, in welche sich die drei Darsteller immer wieder zurückziehen, verbirgt sich ein Potpourri der Revolutions-Philosophie. Dies wird mittels einer Videoaufzeichnung, die live auf die Bühnenwand projiziert wird, offenbart. Der Einsatz dieser Projektion führt am Abend des Öfteren zu ästhetischen Höhepunkten, wie zum Beispiel bei der Close-Up Aufnahme eines Lippenspiels. Die charmante Verwendung von Gewürzgurken als Luxusgut des Kapitalismus macht ebenso große Freude wie ein nicht funktionierendes Schere-Stein-Papier-Spiel.

In schnellen, pointierten Dialogen werden Themen wie die Flüchtlingskrise, die Sehnsucht nach Heimat und die Positionierung eines jungen Menschen in der heutigen Zeit ad absurdum geführt. YZMA zeigt in intelligenten Sätzen, wie schwer es heutzutage ist einen Platz in der Gesellschaft einzunehmen und diesen auch vertreten zu können, ohne seine eigenen Ideale zu verlieren. So führt das Kollektiv Wannabes sämtlicher politischer Einstellungen ins Lächerliche und zeigt, dass Veränderung durch Handlungen eintreten und nicht durch das bloße Zerreden entstehen.

Das überaus rasante Tempo macht es dem Zuschauer dabei leider an manchen Stellen unmöglich den Gedankengängen der Darsteller zu folgen, sodass der Abend leicht zerfasert und manch einer sich fragen wird, was er da eigentlich gerade gesehen hat. Schnell wirft sich die Frage auf, ob dies nun noch Schauspiel ist oder YZMA mit „Spektakel Total!“ bereits performativen Boden betritt. Vielleicht würde eine Entscheidung hier nicht nur dem Zuschauer helfen. Allerdings ist dieses Manko schnell wieder vergessen, wenn sich die drei Revoluzzer zu Rio Reisers „Halt dich an deiner Liebe fest“ mit einem Feierabendbier zurückziehen und den Abend ausklingen lassen.

souterrain-magazin.at


Wien (APA) - Was bedeutet Revolution? Welche Rolle spielt der Einzelne? Was versuchen wir zu erreichen? Fragen wie diese werden im Theater Drachengasse vom Kollektiv YZMA in „Spektakel Total!“ mit schnellen Dialogen weniger beantwortet, als ins Lächerliche gezogen. Die Premiere am Montagabend erhielt dafür viel Applaus.

Drei Revoluzzer, die trotz ihres privilegierten Status nichts zu organisieren vermögen, stellen sich in der sibirischen Einöde den großen Fragen der noch größeren Revolutionäre. Sowohl linksliberale, sich vegan ernährende Feministen und Feministinnen, als auch die rechtsradikale, nichts verändern wollende Bauernschaft werden in diesem Stück satirisch dargestellt. Aktuelle Themen wie die Flüchtlingskrise oder die Rolle des Begriffs „Heimat“ werden von den Revoluzzern in rasanten Diskussionen aufbereitet und gleichzeitig die Unbedeutsamkeit dieser Gespräche offenbart. Wie kann man nach seinem eigenen Willen leben, wenn gleichzeitig Solidarität gegenüber der Revolution erwartet wird? Wir treffen unsere eigenen Entscheidungen, aber „gegen den Kapitalismus sind wir schon, oder?“.

Das Bühnenbild ist sehr simpel gehalten: Nur eine Holzhütte, in die man, wie es anfangs scheint, alleine durch ein kleines Fenster hineinspähen kann, ist vorhanden. Im Laufe des Abends wird jedoch klar, dass jene Hütte im Inneren mit einer Kamera ausgestattet ist, die das Bild auf eine Leinwand projiziert. Das Publikum bekommt somit einen Einblick und die Kamera wird clever von den Darstellern als Stilmittel verwendet, um zum Beispiel musikalische Einlagen mit Mundbewegungen zu untermalen. Mit Gitarre und Mikrofon ausgestattet präsentiert Bastian Parpan außerdem ein politisch angehauchtes musikalisches Stück, das das ganze Publikum zum Mitsingen animiert.

„Spektakel Total!“ macht mit Witz und Satire auf die aktuelle politische Entwicklung in Europa aufmerksam und zeigt die Lächerlichkeit von sowohl Möchtegern-Revolutionären, die immer von Veränderung sprechen, sie aber nie durchführen, als auch rechtspopularisierende Massen, die mit Gewalt gegen alles gehen, was ihnen unbekannt ist. Jedoch kann man den schnellen Dialogen und Gedanken der Revoluzzer nur mit ununterbrochener Aufmerksamkeit folgen und das Stück nur sehr schwer als ein Ganzes verstehen. Vom Publikum, großteils bestehend aus bärtigen jungen Männern in Hemd und Fliege und Damen mit einem modernen Bob-Cut, bekam das Theaterkollektiv tosenden Applaus. Ob dies bei einem anderen Publikum auch der Fall gewesen wäre, lässt sich wohl nicht mit Sicherheit sagen.

Wien (APA) - 28.9.2016


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