KOSMETIK DES BÖSEN

  • ZUSATZVORSTELLUNG am So. 19.2.2006 um 20 Uhr
  • Amélie Nothomb
  • Theater Drachengasse
  • 10. Jänner - 18. Februar 2006, Di-Sa um 20 Uhr
URAUFFÜHRUNG
EIGENPRODUKTION THEATER DRACHENGASSE


Ich glaube an den Feind, weil ich ihm tagtäglich und allnächtlich begegne. Der Feind ist es, der von innen heraus alles zerstört, wofür es sich zu leben lohnt.

Ein wildfremder, aufdringlicher Typ spricht den Geschäftsmann Jérôme Angust in der Wartehalle eines Flughafens an. Jérôme möchte ihn abschütteln, zunächst höflich, dann immer bestimmter, doch der andere, der sich als Textor Texel vorstellt, gibt nicht auf. Er will ihm sein Leben erzählen, und Jérôme Angust muss zuhören, ob er will oder nicht.


Tatsächlich ist die Lebensgeschichte von Textor Texel auch für Jérôme interessant. Jérôme hat nämlich etwas mit Textor gemeinsam: Beide haben Dreck am Stecken. Der eine – Textor – brüstet sich damit, der andere – Jérôme – möchte es mit aller Gewalt vertuschen.

Handlungsreisender als Mörder Amélie Nothombs „Kosmetik des Bösen“ in der Drachengasse. So wenig braucht man für gutes Theater: Eine Mini-Bühne, einfache Requisiten, ein gutes Buch, zwei exzellente Schauspieler. Zu sehen im Theater in der Drachengasse, das mit einer zugleich witzigen und hintergründigen Produktion begeistert: „Kosmetik des Bösen“, nach einem Dialog-Roman von Amélie Nothomb, den Anselm Lipgens für die Bühne adaptiert und inszeniert hat. Die Geschichte beginnt in einem Flughafen: Der Geschäftsreisende Jérôme Angust wird von einem aufdringlichen Fanatiker angesprochen. Er stellt sich als Textor Texel vor, hat mit Enthüllungen aufzuwarten, die sein Gegenüber gar nicht hören will. Abwimmeln lässt er sich aber auch nicht: „Wozu brauche ich einen Therapeuten, wenn es auf dem Flughafen von Leuten wimmelt, die nichts zu tun haben, als mir zuzuhören?“ Viel Spannung und Wortwitz („Ein Flughafen-Holländer? Das ist wohl die billige Version des Fliegenden Holländer?“) beherrschen Nothombs Text, der voll von überraschenden Wendungen ist. Texel ist zunächst Psychopath, outet sich dann als Mörder von Angustes Ehefrau und schließlich als dessen Alter Ego. Andreas Steppan gibt den biederen, sarkastischen Geschäftsmann, der sich vom Leben nicht mehr viel erwartet. Seine Miene ist eisern, erst am Schluss sieht man eine Spur von Verzweiflung. Oliver Huether (Texel) beeindruckt mit komödiantischer Mimik, zugleich hat sein Eifern melancholische Züge. Ein wenig erinnert er an Heinrich Bölls Clown, wenn er in Knitteranzug und Turnschuhen versucht, Aufmerksamkeit zu erregen. DIE PRESSE, 16.01.06

Es lebe die Verdrängung Ein eleganter Herr in der Wartehalle eines Flughafens. Die Maschine hat Verspätung. Um sich die Zeit zu vertreiben, liest er in einem Buch von Stephen King. Wohl keine empfehlenswerte Lektüre für einen, der etwas zu verdrängen hat. Plötzlich wird er von einem Fremden angesprochen. Schließlich wird diese Begegnung immer seltsamer, undurchsichtiger, unheimlicher. Was geschieht hier? Die belgische Autorin Amélie Nothomb erzählt die Geschichte in raffinierter Weise. Sie versucht den inneren Feind des Menschen sichtbar zu machen, den Selbstbetrug durch Leugnung und Behübschung, statt der ehrlichen Bekämpfung der eigenen Fehler und Schwächen. Ein Verhalten, das furchtbare Folgen haben kann. Im Theater Drachengasse inszenierte Anselm Lipgens das Psychodrama in einem spartanisch kühlen Bühnenbild von Renato Sobotta und hatte zwei hervorragende Darsteller zur Verfügung, die ihre schwierigen Rollen bis ins kleinste Detail ausloten: Oliver Huether und Andreas Steppan. Ein packender Schauspielerabend, sensibel und spannend zugleich. WIENER ZEITUNG, 12.01.06

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