Blickakte

  • Siegerprojekt des Nachwuchs-Theater-Wettbewerbs 2012 – Jurypreis
  • Bar&Co
  • 21. Jänner  – 2. Februar 2013, Di-Sa um 20 Uhr


Während Somalia gerade wieder mit Bildern von Hungerkatastrophen und Dürreperioden für kurze Zeit in der Weltpresse auftaucht, begleitet ein junger Journalist einen in Berlin lebenden Exil-Somali bei dem einzigen Geschäft, für das die Welt Somalia noch braucht: dem Import von Myrrhe. Auf seiner theatralen Reise trifft er eine Künstlerin aus taiwanesische Künstlerin und das National Theatre of Somalia.

Die verschiedenen Biographien führen zum Versuch einer bio-geo-graphischen Erzählung unserer Zeit. Der Warenweg der Myrrhe von Afrika in die westlichen Länder offenbart nicht nur die Verwicklungen und Geflechte unserer Welt, sondern ermöglicht auch einen Blick auf die jeweiligen Formen, die wir verwenden und in denen wir uns bewegen, wenn wir uns dem Anderen annähern, ihm begegnen, über es schreiben, es zur Darstellung bringen. Wie dem Fremden begegnen, ohne es zu vereinnahmen, wie das Fremde fremd sein lassen und trotzdem ein Miteinander denken?



Das Kuratorium für Theater, Tanz und Performance in der Stadt Wien dotiert das Projekt mit einer zusätzlichen Nachwuchsförderung für eine abendfüllende Ausarbeitung.



Regie: Daniel Schauf 

Video: Jonas Alsleben 

Dramaturgie: Philipp Scholtysik

Idee: Ahmed Jama Aden, Christoph Grabitz

Mitarbeit: Malte Scholz, Carolin Millner

Performer: Bee Chang, Philipp Scholtysik



Ein Projekt von Daniel Schauf, Philipp Scholtysik und Bee Chang

in Koproduktion mit Theater Drachengasseund National Theatre of Somalia

 


facebook.com/NationalTheatreOfSomalia?fref=ts

Anlässlich der Premiere von "Blickakte" war Jabril Abdulle, Leiter des Center of Research and Dialogue of Somalia, zu einem Kurzbesuch in Wien.

http://www.wienerzeitung.at/nachrichten/welt/weltpolitik/518312_Wir-leben-in-froehlicher-Angst.html


Fernreise mit Blickwechsel Von Wien über Bonn und Taipeh nach Mogadischu - Blickakte - Performance über Kunst, Kultur und vor allem Theater in Somalia

Relativ lange ist es „nur“ ziemlich dunkel und ruhig. Leere Bühne. Schön langsam taucht als Projektion auf der Wand im Hintergrund ein sehr kleines Rechteck auf. Bleibt lange klein, wird laaaaaangsam größer. Linien innerhalb des Vierecks. Weitere Rechtecke wie im Plan einer Wohnung – oder eines Hauses. Als das Bild einen Gutteil des Bühnenhintergrunds einnimmt, wird der Blickwinkel verändert – ein 3-D-Gitter-Modell eines Hauses. „Ah, das könnte vom Nationaltheater in Mogadischu sein!“, blitzt’s in so manchem Zuschauer_innen-Kopf auf. Davon ist nämlich die Rede im Programmzettel. Ist es aber nicht, darauf kommen später noch mehrfach Sprache bzw. Bilder. Das projizierte Modell dreht sich nun nach vorne wird immer größer, dringt scheinbar immer mehr in den Zuschauer_innen-Raum ein – es ist eine schematische Darstellung dieses Theaters in der Wiener Drachengasse.  

Zufälle

Von hier, dem Ort der Aufführung führt die Reise über Deutschland nach Somalia. Verwoben wird die Erzählung historischer Fakten rund ums Nationaltheater in Mogadischu mit zufälligen Begegnungen, die erst dort hin führten. Ein in Bonn aufgewachsener junger Mann mit somalischen Wurzeln, der Myrrhe aus dem Heimatland seiner Eltern importiert, ein Sinologie studierender Deutscher, der diesen Somali-Deutschen kennen lernt und noch dazu eine Sängerin, Tänzerin und Performerin aus Taiwan.

Berührend

Szenisch dargestellte Erzählungen, Gesänge, Tänze, versprühter Myrrhe-Nebel, eingeblendete Bilder – vom Nationaltheater sowie seinem aus China stammenden Baumeister ergänzen szenisches Spiel mit realen Berichten.
Das Theater wurde Anfang der 60er Jahre des vorigen Jahrhunderts als mustergültiger Vorzeigebau von China gespendet und errichtet.
Im Zuge der – kriegerischen – Konflikte der vergangenen Jahrzehnte wurde es zerstört, wieder aufgebaut, von einer Selbstmordattentäterin erneut teilweise demoliert und wird jetzt wieder reaktiviert.
Was anfangs eher den Verstand anspricht, versucht auf eine Reise in Fremdes, Unbekanntes gedanklich einzuladen, wächst sich – vor allem durch Tanz und Gesang (großartig die chinesische Version von Rossini-Arien) von Bee Chang zu einer stark emotionalen Fern-Reise aus.

Kunst statt Waffen

Jabril Abdulle, Leiter des Center of Research and Dialogue of Somalia, stattete während einer Kürzest-Wien-Visite der Premiere seinen Besuch ab. Er, der „Nicht-Künstler aber mit großer Leidenschaft für die verschiedensten Sparten der Kunst“ sieht „im Theater, in der Musik, dem Tanz, der Malerei Mittel, einen Friedensbildungsprozess einzuleiten bzw. zu verstärken“, wie er dem Kinder-KURIER gegenüber darlegt. „Warum immer nur in Waffen investieren, um mehr Sicherheit zu fördern, warum nicht in Kunst und Kultur, um mehr miteinander, mehr Begegnung auszulösen. Das sind oft bewegende Momente, wenn die Künstlerinnen und Künstler tanzen oder singen, bei denen Tausende im Publikum zu Tränen gerührt sind!“

(kiku, 23.1.2013)

 

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