Disgraced

  • by Ayad Akhtar
  • Bar&Co
  • 9. – 21. Februar 2015, Di-Sa um 20 Uhr

Vienna theatre project is thrilled to premiere, in Continental Europe, this 2013 Pulitzer Prize Winner for drama (9 nominations, 3 wins in total).

Disgraced is an astonishing play chronicling the present day life of a successful, American born, non-practicing Muslim lawyer in the aftermath of the 9/11 era of America. The play centres around a dinner party given by Amir and his white, christian wife Emily for their friends, African American legal colleague Jory and her husband Jewish art dealer Isaac. As discussion turns to politics and religion, the mood quickly becomes heated. Described as a "combustible powder keg of identity politics", the play depicts racial and ethnic prejudices that "secretly persist in even the most progressive cultural circles"(Variety). Proceeds further heat up when Amir is inadvertently shown appearing to publicly support a local Imam. This play is not to be missed and has received an extended run on Broadway in 2012 owing to its immense success. Now on in Vienna for a limited period only.
 

Director: Joanna Godwin-Seidl
Producer: vienna theatre project, Christina Köppl, Silke Müllner
Starring: Norman Stehr, Bronwynn Mertz-Penzinger, Dave Moskin, Lynne Ann Williams, David A. Rodriguez

Licence: CAA Agents New York

Trailer on Youtube: https://www.youtube.com/watch?v=MFJAcWTN5xo

viennatheatreproject.com

Theater Drachengasse: Disgraced

Wieder einmal erweist sich der Raum Bar & Co im Theater in der Drachengasse als idealer Ort für Theater. Auf der Bühne befindet sich das Wohnzimmer von Amir und Emily Kapoor, Gäste die in die Wohnung kommen haben ihren Auftritt durch den Zuschauerraum.

Amir (Norman Stehr) hat sich an das Leben in Amerika angepasst, hat sogar seinen Namen geändert, damit er als Pakistani nicht auffällt. So hat er sich in einer jüdischen Anwaltskanzlei hochgearbeitet und steht kurz davor, Partner zu werden. Seine weiße Frau Emily (Bronwynn Mertz-Penzinger) ist Malerin und arbeitet vor allem mit orientalischen Motiven. Die Afroamerikanerin Jory (Lynne Ann Williams) ist Amirs Kollegin, ihr jüdischer Mann Isaac (Dave Moskin) Kunstagent. Und dann gibt es noch Abe (David Rodriguez-Yanez), Amirs Neffen, der seinen Namen geändert hat und sich doch nicht wohl fühlt in Amerika und vielleicht zurück nach Pakistan gehen wird.

Es bedarf eines ausgezeichneten Ensembles, das perfekt aufeinander eingestimmt ist, sowie der stringenten Personenführung durch Regisseurin Joanna Godwin-Seidl, um dieses 90-minütige Stück auf die Bühne zu bringen, denn die Ver- und Entwicklungen in diesem Stück sind nicht gerade einfach. Das ist auch der Dämpfer des Abends, denn Autor Ayad Akthar hat zu viel in seinen Text gepackt: Vor allem gegen Ende überschlagen sich die Ereignisse und so manche Entwicklung überstrahlt den eigentlichen Ausgangspunkt. Aber es führt uns auch den Spiegel vor: denn wir alle sind Teil einer Bildungsgesellschaft, die immer wieder in alltäglichen Situationen scheitert. Wo eine Diskussion bei einem Abendessen mit FreundInnen schon einmal eskalieren kann oder wo man wegschaut wenn man Zeuge von Alltagsrassismus wird. Denn oftmals sind es die kleinen Momente, in denen man vielleicht anders reagieren könnte.

Eindruck haben vor allem zwei DarstellerInnen hinterlassen: Norman Stehr lässt hinter der perfekten Fassade Amirs einen Mann erkennen, der für seine Karriere alles gegeben hat und doch von seinem Leben frustriert ist. Seine Erlebnisse der latenten Diskriminierung versucht er mit Ironie und Sarkasmus zu überspielen. Lynne Ann Williams ist seine quirlige Kollegin Jory. Als Afroamerikanerin kennt sie Amirs Situation, doch sie begegnet diesen mit mehr Leichtigkeit. Unterhaltsam wie sie bei einem Abendessen den Streit zwischen Amir und Isaac zu schlichten versucht.

DieKleinkunst-Redakteur Paul M. Delavos, 9.2.2015


Theatertipp - Disgraced im Bar & Co Theater Drachengasse

Am Montag fiel das Theater Drachengasse in Ungnade. Mit Schauspielern, die ihr Werk beherrschten, einem Text, der trotz bitterbösem Ernst das Publikum zum Lachen brachte und einer Thematik, die aktueller nicht sein könnte, hat Ayad Akthar ein Stück geschrieben, das verdientermaßen 2013 den Pulitzer Preis in der Kategorie Drama gewonnen hat.

Gegensätze ziehen sich an

In der trügerischen Idylle einer Upper-East-Side Wohnung- der Perfektionismus der Einrichtung kann schon als Vorbote des nahenden Unglücks gedeutet werden - präsentieren Amir Kapoor (Norman Stehr) und seine Frau Emily (Brownwynn Mertz-Penzinger) ihr harmonisches Eheleben. Er, ein erfolgreicher Unternehmensanwalt, der aus Karrieregründen seine muslimisch-pakistanischen Wurzeln verleugnet, sie, eine aufstrebende Künstlerin, die sich in ihren Werken mit dem Islam auseinandersetzt, bilden offensichtlich nicht nur rein äußerlich ein ungleiches Paar. Aber Gegensätze ziehen sich an, ihr Leben im Einklang mit sich und der Welt wirkt (vorerst) glaubhaft.

Zumindest bis zu dem Tag, an dem Amirs Neffe Abe (David A. Rodriguez) an die Tür klopft und seinen Onkel bittet, einen dem Terrorismus zu Unrecht angeklagten Imam zu vertreten. Mit dieser Bitte und Amirs Einverständnis ist nicht nur sein Arbeitsplatz in Gefahr, auch der rosarote Dunst der Liebe wird sich in düstere Nebelschwaden wandeln…

Der Wolf im Schafspelz

…und den Duft des leckeren Essens, das die Kapoors ihren Gästen Isaac (Dave Moskin) und Jory (gespielt von Lynne Ann Williams) auftischen, übertünchen. Jory stiehlt mit ihrer aufbrausenden Darbietung ihrem Mann die Show. Isaac, der in seiner Rolle als einflussreicher Kurator aufgeht und Emily anbietet, ihre Werke auszustellen, lässt sich mit einem Kuss danken. Das kleine, (zu arrangierte) Stell-dich-ein wird von Amir beobachtet. Es folgt ein vor Wut und Zorn überbordender Streit, das Niveau bleibt auf der Strecke.

Während Amirs Sprung zwischen Koran-Attacken und Terror-Verherrlichung zum Teil etwas zu weit ist, ist es schwer nachzuvollziehen, warum er seine Frau beschuldigt, naiv zu sein. Sie nimmt sich islamischer Motive an, tut dies aber nicht meinungs- oder kritiklos. Der Untergang von Akthars Held, der mit dem Geständnis stolz auf 9/11 zu sein, den Vogel abgeschossen und sich nicht mehr im Griff hat, ist nicht leicht mitanzusehen. Kraftvoll und traurig zugleich bleibt der Gefallene am Ende allein in seiner Wohnung, zurück. Norman Stehr ist bestechend authentisch einsam.

Mit „Disgraced“ unter der Regie von Joana Godwin-Seidl werden politisch-aktuelle Themen wie Assimilation, Fremdenfeindlichkeit und Identitätsverlust in die eigenen vier Wände versetzt (Bühne: Joana Godwin-Seidl und Richard Panzenböck). Gerade dadurch wird gezeigt, dass es im Umgang mit der Thematik einen Tapetenwechsel braucht. Der Versuch, sich dieser Problematik auf einfühlsame Weise zu nähern ist großartig gelungen und absolut sehenswert!

THEATANIA, von Caroline Schenk - Samstag, 14. 2.105


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