(The) Rolling Floyd

  • Ein Stück mit Puppen und Menschen
  • Bar&Co
  • 19. – 31. Jänner 2015
    Di-Sa um 20 Uhr

Frei nach der Musik und den Texten von The Rolling Stones und Pink Floyd

Jurypreis des Nachwuchs-Theater-Wettbewerbes 2014
Eine Koproduktion von (The) Rolling Floyd und Theater Drachengasse







 

In unserer reizüberfluteten, immer schneller werdenden Welt gibt es keine Zeit mehr für wahre Gefühle. Unsere Protagonisten ringen um Ohren und Aufmerksamkeit: Sie versuchen den Schrei nach Liebe und durchdringen den massenmedialen Überfluss. Was muss das Individuum tun, um mit seinen selbstkreierten Images im Strom der Relativität zu überleben und ausreichend LIEBE zu finden? Wie soll Julia im Meer der virtuellen Möglichkeiten ihren einzig wahren Romeo finden?
Antworten suchen unsere Protagonisten in den wahren Worten der lebenden Rocklegenden Rolling Stones und in der Musik von Pink Floyd, um ihre gefrorenen Herzen wieder aufzuwärmen.

(The) Rolling Floyd kontert den digitalen Erlebnisschwindel durch analoge Spielweise, selbstgespielte Musik und handgemachte Beleuchtungsmethoden.

Konzept, Text, Regie, Bildbau, Kostüme: Lilian Matzke
Text, Dramaturgie: Joris Löschburg
Puppenbau: Wiebke, Alphei, Lilan Matzke, Tamar Gineti, Joris Löschburg
Lichtanimation, Sound, Sounddesign: Teodora S. Vlad
Live-Musik, Live-Sound, Sounddesign: Nicolas Pannetier
Produktion: Leila Matzke
Schauspiel, Puppenspiel: Friederike Hellmann


Das Projekt wird gefördert durch die Kulturabteilung des Magistrats der Stadt Wien.


Trailer zu (The) Rolling Floyd:
https://www.youtube.com/watch?v=REIV4cfzEjQ&feature=youtu.be




Let It Bleed.com
Fool To Cry.com
Satisfaction.com
It´s only Rockn´Roll.com
Hot Stuff.com




 

Wenn Shakespeare mit den Rolling Stones

Wenn man sich in Mick Jagger verliebt, so die Amme zu Julia, muss man differenzierter vorgehen, weil er eine „Koryphäe“ ist. Und wenn Julia Romeo per E-Mail fragt: „wo willst du die Trauung vollziehen“, fügt sie viele Smyleys hintendran. „The Rolling Floyd“ (Regie: Lilan Matzke) gewann 2014 den Theaterwettbewerb der Drachengasse, und das zu Recht. Mit Handpuppen, zu Licht- und Bildspielen (Teodora S. Vlad) und der Livemusik von Nicolas Pannetier begibt sich die Puppenspielerin Friederike Hellmann auf die Suche nach der Liebe in reizüberfluteten Zeiten; düster und witzig, ästhetisch und skurril. Zum Schluss trifft Keith Richards auf Bulgakows Katze, und der Teufel hat das letzte Wort. Wahrer Rock ´n´ Roll!

Falter 5/15


Frauenpower grotesk – mit Puppen

„(The) Rolling Floyd“

Ein Stück, das hingegen seit Jahrhunderten im Theater gastiert und das vermutlich jeder schon einmal gesehen hat, ist „Romeo und Julia“. Wer kennt sie nicht, die Handlung: Romeo verliebt sich in Julia, Julia in Romeo – wenn da nur nicht plötzlich Mick Jagger wäre. So lautet zumindest die Version des Gewinnerstückes des Nachwuchs-Theater-Wettbewerbs 2014 in der Drachengasse. „(The) Rolling Floyd“ heißt das Stück und ist eine wilde, groteske Bühnenperformance. Im Mittelpunkt brilliert Friederike Hellmann, die als Puppenspielerin eine beeindruckende Tour de Force liefert. Stimmungsvolle Lichttechnik, originelle Kostüme und eine handvoll Rocksongs sorgen für einen kurzweiligen Theater-Abend inmitten des 21. Jahrhunderts. Ein Jahrhundert, das von Mobiltelefonen, Laptops und den Weisheiten betagter Musiker geprägt ist. In diesem Sinne: „You can't always get what you want, but you sometimes get what you need.“

www.wieninternational.at


Theater Drachengasse: Als Julia mit Mick Jagger in der Kiste landete

Das Stück „(The) Rolling Floyd“ erzählt von der Suche nach wahrer Liebe im digitalen Zeitalter.

Julia Capulet erwacht aus dem Todesschlaf in ihrem gläsernen Sarg. „Romeo“, ruft sie in die Finsternis – keine Antwort, dafür eine Flut an Chat-Anfragen. „Jemand in Ihrer Nähe ist heiß auf ein Date“, tönt es aus dem technischen Endlos. Wir befinden uns im Tinder-Zeitalter. Die wahre Liebe – und mit ihr das berühmteste Paar der Weltliteratur – ist schon lange tot. Das ist die Ausgangsthese des Siegerstücks des Nachwuchs-Theater-Wettbewerbs 2014 „(The) Rolling Floyd“. Montagabend feierte es im Theater Drachengasse Uraufführung.

Zu psychedelischen Klängen von Pink Floyd und „Paint it, Black“ und „Sympathy For The Devil“ der Rolling Stones taumelt Julia durch das mediale Zeitalter. Direkt in die Arme von Mick Jagger. Detail am Rand: Beide sind Handpuppen und werden vom Teufel (Friederike Hellmann) gelenkt. Die Berlinerin verkörpert im Alleingang das Hin und Her zwischen den barock-schmachtenden Stanzen Julias, Mick Jaggers Rockerattitüde und dem hinterlistigen Leibhaftigen. Autor Joris Löschburg über die dramaturgische Idee des Stücks: „Die große Liebe, die große Enttäuschung, einen natürlichen Draht zum Teufel und 'ne Menge Schnaps – was will man mehr?“ Eine durchgehend verständliche Handlung möchte man am Ende des Theaterabends antworten.

Früher war alles besser

Dem Teufel ist bei Fiaker- und Riesenradfahrten augenscheinlich langweilig geworden im „frigiden Wien“. Er weint gemeinsam mit seinem Gefolge bestehend aus einem Gitarre spielenden, dicken Kater (Live-Musik Nicolas Pannetier) und einem Homunkulus-artigen Wesen (Licht und Sound Teodora Vlad) den Moskauer Zeiten mit Bulgakows Meister und Margarita nach. „Wo ist er hin, der große Traum von der wahren Liebe? Die Rachemorde, Lustspiele und Intrigen?“ Und so treibt er die verletzliche Julia ungebremst in die Arme des gefürchteten Herzensbrechers Jagger. „Es ist nur Rock 'n' Roll – doch ich mag das!“, quietscht er dabei vergnügt.

An dieser Schnittstelle aus Rock, Barock und Chatroomtalk wird offenbar: Ein Liebespaar wie zu Shakespeares Zeiten hat heute keinen leichten Stand. Mit wenigen Requisiten, dafür umso mehr literarischen und musikalischen Referenzen, beschwört das junge Berliner Ensemble unter der Regie von Lilian Matzke eine amüsant-albtraumhafte Vision von der Liebe in den Zeiten der Technik herauf. Die Nachvollziehbarkeit der Handlung bleibt bei dem bunten, lauten Treiben jedoch teils auf der Strecke. Spätestens, wenn am Schluss Handpuppe Keith Richards und der Kater nach einem „Hammertrip“ ein Stones-Lied komponieren, droht die Geschichte ganz ins Absurde abzurutschen.

Die Presse, 21.01.2015


Musik-Licht-Theater

Julia und Keith von den Stones (The) Rolling Floyd, ein analoges Multi-Media-Spiel im Theater Drachengasse (Wien).

Augen sehen dich an. Große Augen – projiziert auf zwei Würfel auf der Bühne. Die werden nach Auftritt der Julia, zunächst als Schau- im Großteil des Stücks auch als Puppenspielerin (Friederike Hellmann) , zunächst zu einem „gläsernen“ Sarg. Dem sie im Widerstreit mit einer Teufelspuppe entsteigt.

Julia, über weite Strecken DIE Julia aus dem bekannten Shakespeare-Drama, gegen Ende des Stücks auch „nur EINE Julia“ ist hier nicht ausschließlich Liebespartnerin des Romeo, sondern mehr auf der Suche nach Liebe. Auf dieser bleibt sie lange Zeit bei Keith Richards, dem Lead-Gitarristen der Rolling Stones, „hängen“.

Live performte Songs (Nicolas Pannetier) der rollenden Steine sowie von Pink Floyd – verfremdet durch Übersetzung von Songtexten ins Deutsch -, Spiel mit Handpuppen – vom Ebenbild dieser Bühnen-Juli bis zu Keith Richards und vor allem beeindruckende Live-Lichtspiele von Teodora Vlad zeugen von sehr viel Spielfreude. Mit einem Jahrzehnte-alten Projektor „zaubert“ Vlad, ursprünglich Medizin-Studentin mit Psychiatrie-Ausbildung und später internationale Filmerin, live Licht- und Schattenspiele, die eine zusätzliche Ebene des Stücks eröffnen. Vor allem ihr analoges Spiel auch mit leuchtendem Schnick-Schnack im Haar und an einer Hand wirken wie digitales Spielzeug.

Sie entzaubern aber durch die Unerlässlichkeit dieses Live-Spiels und der Reduzierung des „Laptops“ in dem Puppe Julia Facebook-Statusmeldungen postet, auf einen banalen Alufolien-umwickelten Rahmen die virtuelle Welt als Illusion von Liebe und Gefühlen. Wenn, dann findet solche im Diesseits, im Realen statt, deuten die Schwingungen zwischen Schauspielerin und Musiker an.

KIKU, 26.1.2105


Böse Mädchen kommen überall hin

"(The) Rolling Floyd" im Theater Drachengasse

In Wien geschah kürzlich ein kleines Wettbewerbs-Wunder: Ein Nachwuchsförderpreis, ausgeschrieben für Sprechtheater, wurde von der Figurentheater Company (The) Rolling Floyd, einer wilden Neugründung, mit gleichnamiger Inszenierung im Sturm erobert. "Romeo und Julia sind tot" war das von der Jury vorgegebene Motto. Und diesem ging das Derivat der Berliner Formation Artisanen von allen Seiten radikal auf den Grund.

Zu Beginn -  simpel und klassisch - Shakespeare Zitat in originaler Schönheit, die Geschichte wird, tiefernst, beim Wort genommen. So ernst, dass in heiterer Leichtigkeit im Heute landet, nach einem übermütigen Zwischenstopp bei den Rocklegenden des vorgigen Jahrhunderts, deren Texte flugs in heutiges Deutsch transferiert und, auf Tauglichkeit getestet, so herzlichtief empfunden werden, dass sie sich wie von selbst auf Augenhöhe mit Shakespeares Poesie bewegen.

In Bild und Darstellung führt der Weg über Strenge, Langsamkeit, Simplizität hin ins Anarchische, ins hoch assoziative Chaos. Hörbar an- und abrollende Atwemwellen: In zwei Eiswürfel eingefroren schlafen Julias überlebensgroß projezierte Augen den künstlich induzierten Todesschlaf, bis sie von drei ins Bild stampfenden finsteren Gesellen - sind es die Musketiere? Der Meister, Voland und Margarita? Faust, Gretchen, Mephisto? - mit einem Knall befreit werden. Die frisch zum Leben aufgetaute Julia ent-puppt sich im wahrsten Sinne des Wortes zu einem quirligen, unerschrockenen Gör, ein dank Wiebke Alphei und Lilian Matzke wunderbar treffend gestalteter Mini-Klon von Friederike Hellmann. Dies doppelte Julchen wirbelt unter Hellmanns genialer, temperamentvoll aufgerauter Führung auf der Suche nach Liebe hemmungslos durch alle Realitätsebenen.

Lilian Matzke, die auch für Regie und Bildbau zeichnet, bedient sich dabei einleuchtend einfacher, im Details raffinierter ästhetischer Mittel. Da wird ein leerer Raum zum Tummelplatz für digitales Werben á la Parship. Er bietet diversen männlichen (Puppen-)Partnervorschlägen genauso Platz wie der Julia-Miniatur im kleinen Skypefenster. Shakespeare-Texte im schnodrigen Berlinerisch künden mit der selben Direktheit von ungeduldigem Verlangen, wie die mutig ins Publikum improvisierte Conference über das rasche Ablaufdatum großer Liebe und die kluge Volte der Protagonisten, sie durch frühen Tod in Ewigkeit zu konservieren. Die daraus gewordene Julia wirft sich in Rockmusik-Ekzesse und - lieber als einen braven Romeo - dem teuflisch geilen Mick Jagger an den Hals. Der spielt nicht nur rasend gut live Gitarre mit Nicolas Pannetiers Händen, er hat auch einen praktisch abnehmbaren Katzenschweif und teilt sich den aufregenden Glamour mit einem seltsamen Begleiter, den Teodora Vlad in wahrhaft shakespearscher Androgynität verkörpert. Immer mitten im Geschehen, mit selbstleuchtender Frisur und eiligen Fußes, sorgt sie für visuelle Überraschungen, tonale und technische Effekte, aufgefangen in der Schöpfung diese geheimnisvollen Wesens, als lebendige Schnittmenge elisabethanischer und nachfolgender Dichterwelten.

Offenbar wird hier eine neue theatrale Form geboren, die gekonnt die Genre-Grenzen überschreitet. Ihre größte Errungenschaft:

Sie beschreibt, kommentiert, kritisiert die digitalen Medien, spiegelt die Frustration und die Irrwege, die in den virtuellen Parallelwelten lauern, ohne selbst deren Mitteln zu erliegen. Sie bleibt vorwiegend in der Stofflichkeit, beim handwerklich greifbaren Matrial des Figurentheaters, bei dem, was wir alle so schmerzlich vermissen: dem direkten, sinnlichen Erleben.

double, Magazin für Puppen-, Figuren- und Objekttheater, Ausgabe 1/2015


Spielplan Januar 2022